Mit Beginn des 20. Jahrhunderts gewann der globale Metallmarkt die Oberhand, der Silberpreis verfiel weltweit, der deutsche Staat stellte seine Währung auf das wertstabilere Gold um. Alles das bedingte, dass der sächsische Silberbergbau nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Im gleichen Zeitraum gelang der Durchbruch eines neuen Hauptenergieträgers – der Elektroenergie. Generatoren konnten mechanische Energie in elektrische Energie umwandeln. Die Turbinentechnik war so weit fortgeschritten, dass sie dem Antrieb der Generatoren dienen konnte.
Wasser war im Revier zur Genüge vorhanden, nicht nur der Menge nach, sondern auch mit einer nutzbaren Fallhöhe, wie sie sonst nur im Hochgebirge zu finden ist. Was lag näher, diese Standortfaktoren zu nutzen und damit der Region neuen wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen?
Bergrat LANGE begann 1904 erste Gedanken zu formulieren, damals noch unter der Maßgabe, den Bergbau zu elektrifizieren. Die wirtschaftlichen Entwicklungen überholten jedoch bald die Idee eines „elektrischen Bergbaus“, dafür offenbarte sich der Energiehunger einer Region, die sich industriell neu aufstellen musste. Unter dieser Konstellation wurden zügig die rechtlichen Grundlagen geschaffen, dass zum Beispiel die bergmännische Wasserhaltung nun auch für die energetische Nutzung des öffentlichen Wesens herangezogen werden durfte. 1913 war die finale Planung eines Kraftwerkes fertig, welches am 24. Dezember 1914 feierlich in Betrieb genommen wurde.
Unter heutigen Bedingungen würde es zur technischen Realisierung einer solchen Idee über die Prüfung aller geologischen, ökologischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Randbedingungen wohl mehrere Jahre brauchen.
Die Nutzung des Wassers erfolgte in zwei Etappen, siehe Prinzipskizze.Zunächst wurde das aus dem Hohebirker Kunstgraben zufließende Wasser in einem Kunstteich zwischengespeichert. Über eine Druckrohrleitung gelangte das Wasser von dort im unmittelbar benachbarten Constantinschacht auf zwei 124 m tiefer liegende Turbinen, die ihre verbundenen Generatoren im sogenannten „Oberwerk“ antrieben. Aus den beiden Pelton-Turbinen des Oberwerks fiel das Wasser in den darunter befindlichen Stauraum. Da im Erzbergbau bis auf wenige Ausnahmen die Abbauräume nicht verfüllt wurden, konnte im Gebiet zwischen Langenau und dem Drei-Brüder-Schacht die Summe aller dieser Hohlräume als Übertage unsichtbarer Stauraum dienen. Damit das Wasser nicht wegfließen konnte, wurden unterirdische Dämme errichtet (sogenannte „Verspünden“). Alle Hohlräume des Gebietes über dem Rothschönberger Stolln konnten ca. 1,5 Millionen Kubikmeter fassen. Zum Vergleich: Das ist etwa so viel Wasser, wie der Große Großhartmannsdorfer Teich enthält.
Der Rothschönberger Stolln diente als Abfluss des Staus, nachdem das Wasser mit einer maximalen Stauhöhe von 134 m ein zweites Mal im „Unterwerk“ im Drei-Brüder-Schacht seine Arbeit verrichtet hatte. Hier standen in der letzten Ausbaustufe drei Pelton- und eine Francis-Spiralturbine mit ihren Generatoren.
Mit dieser Anordnung war man in der Lage, bis zu 5,5 MW elektrische Energie zu erzeugen. Der Strom vom Oberwerk wurde über ein Erdkabel zur Schaltwarte auf dem Drei-Brüder-Schacht geleitet und von dort in das Überlandnetz eingespeist. Versorgt wurden vornehmlich die Orte Brand-Erbisdorf, Langenau und Großhartmannsdorf mit 27 größeren Unternehmen sowie die Hütte in Muldenhütten und ab 1921 zum Teil Freiberg.
Ab 1948 musste mit der Wiederaufnahme des Bergbaus die Betriebsweise der Kraftwerkskaskade geändert werden. Der unterirdische Stau stand nicht mehr zur Verfügung. Jetzt durchströmte das Wasser von Übertage nacheinander das Oberwerk und das Unterwerk über einen neu aufgefahrenen Querschlag. Das untertägig anfallende Sickerwasser lief ungenutzt über den Rothschönberger Stolln ab.
1953 wurde die bestehende Einheit aus Wasserbereitstellung und Kraftwerksbetrieb in den VEB Energieversorgung und den VEB Wasserwirtschaft aufgespalten. Querelen um Wasserbereitstellung und Wasserpreis waren die Folge. Politisch erfolgte eine Neuausrichtung der Energiepolitik auf Braunkohleverstromung und sowjetisches Erdöl. Die DDR-Betriebe mussten für die von ihnen genutzten Einrichtungen eine sogenannte Grundfondsabgabe an den Staat bezahlen. Der vom Königreich Sachsen und dem Freiberger Bergbau ursprünglich finanzierte Rothschönberger Stolln stand plötzlich wieder mit 11 Millionen DDR-Mark zu Buche. Die dafür jährlich zu zahlende Abgabe beeinträchtigte die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks natürlich erheblich. 1968 wurde die Schließung des Kavernenkraftwerks aus Gründen einer (künstlich erzeugten) Unwirtschaftlichkeit beschlossen. Bereits 1969 ging das Oberwerk vom Netz und wurde demontiert. Das Unterwerk im Drei-Brüder-Schacht lief noch bis zum 10. Juli 1972 mit dem in den unterirdischen Stau eindringenden Sickerwasser. Selbst die Initiative der einfahrenden Kraftwerker, das Unterwerk doch als Technisches Denkmal zu betreiben und damit zu erhalten, blieb ungehört.
Die empfindlichen Erregermaschinen wurden ausgebaut und nach Übertage gebracht. Die in der Kaverne verbliebene Technik konservierte man in der Hoffnung auf eine Reaktivierung. Mit der Einstellung der Seilfahrt im Drei-Brüder-Schacht fiel die Technik in der Kaverne endgültig in einen Dornröschenschlaf.
1992 übernahm unser Verein dieses Technische Denkmal in Pflege. Die Kaverne ist seit 2017 wieder über den neu ausgebauten Drei-Brüder-Schacht erreichbar, was den Vereinsmitgliedern ermöglicht, neue Überlegungen zumindest zur Nutzung der Sickerwässer anzustellen und umzusetzen.